Was Philosophen wissen by Schnädelbach Herbert
Autor:Schnädelbach, Herbert [Schnädelbach, Herbert]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406633614
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
9 Gesetze
Was Gesetze sind, wissen wir aus dem Alltag – besonders, wenn wir gegen sie verstoßen haben. Es handelt sich dabei um allgemein verbindliche Rechtsnormen, die von einer zur Rechtssetzung ermächtigten staatlichen Instanz als dem Gesetzgeber in einem selbst gesetzlich fixierten Verfahren erlassen wurden. Man unterscheidet hier zwischen materialen und formalen Gesetzen. Die materialen Gesetze regeln das soziale Zusammenleben der Menschen sowohl in zivilrechtlicher wie in strafrechtlicher Hinsicht, während die formalen Gesetze alle Beschlüsse umfassen, die ein Gesetzgeber verabschiedet, also etwa auch ein Haushaltsgesetz für ein bestimmtes Jahr oder eine einfache Rentenanpassung, die im Gesetzesblatt bekannt gegeben wird.
Natürlich sind nicht alle Normen, die unser Leben bestimmen, Rechtsnormen, sondern nur die, deren Geltung mit den Mitteln legitimer Staatsgewalt auch gegen Widerstand durchgesetzt werden kann; bei Normen der persönlichen Moral oder des guten Geschmacks ist dies nicht der Fall, ebenso wenig bei den Konventionen, die manchmal als ungeschriebene Gesetze bezeichnet werden. Immer aber sind bei Normen die Ansprüche der Allgemeinheit und Verbindlichkeit im Spiel. Von den Imperativen als den Anordnungen, die sich an bestimmte Adressaten richten, unterscheiden sich Normen durch ihre Anonymität, denn sie sagen nicht unmittelbar, was zu geschehen hat, sondern nur, was zu geschehen hat, wenn jemand durch seine Handlungen ein bestimmtes Ziel verfolgt; dieses «Wenn …, dann …» begründet ihre allgemeine Geltung. Ihr Anspruch der Verbindlichkeit drückt sich in der Tatsache aus, dass Gesetze nichts beschreiben, sondern dass sie im Modus des «Wenn …, dann …» etwas Bestimmtes vorschreiben.
Wer verstehen möchte, warum wir seit Langem auch von Naturgesetzen sprechen und sie von Rechtsnormen unterscheiden, muss in der Geschichte des Denkens weit zurückgehen. Der älteste im Wortlaut überlieferte philosophische Satz stammt von Anaximander (ca. 610–546 v. Chr.) und lautet: «Woraus aber für das Seiende das Entstehen ist, dahinein erfolgt auch ihr Vergehen gemäß der Notwendigkeit (chreó), denn sie schaffen selbst untereinander Strafe (díken didónai) und Sühne (tísis) für ihre Ungerechtigkeit gemäß der Ordnung der Zeit.»[85] Das «Woraus» des Entstehens und «Wohinein» des Vergehens ist nach Anaximander das Unbegrenzte/Unbestimmte (ápeiron) als ein alles umfassender Weltgrund, der die Bühne abgibt für das Weltgeschehen, in dem Entstehen und Vergehen dem unausweichlichen Konnex von Schuld und Sühne folgen.
Die mythische Denkweise, der zufolge das, was in der Natur vor sich geht, auf die Taten und Querelen von Göttern zurückzuführen ist, die man erzählen kann – dieses narrative Deutungsmuster ist hier radikal abgelöst durch eine Strukturthese, die an keiner Stelle mehr auf das Wirken personaler Mächte verweist; das Wort ‹ápeiron› verweigert sogar jede weitere Bestimmung dessen, was dem Ganzen zugrunde liegt, und bedeutet zugleich die Distanzierung von Thales (ca. 624–547 v. Chr.), der dies als Wasser ausgegeben hatte. Anaximander soll als Erster für das ápeiron den Ausdruck ‹arché› verwendet haben,[86] und der Doppelsinn dieses griechischen Wortes als ‹Anfang/Ursprung› und ‹Herrschaft› zeigt, dass er die Verfassung der Welt gemäß seinem «Satz» als einen kosmischen Rechtszustand denkt, der nicht nur im ápeiron gründet, sondern auch von ihm regiert und garantiert wird; selbst die Zeitordnung hat hier ihren Ort, was umgekehrt bedeutet, dass das ápeiron zeitlos zu denken ist.
Man
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